Nachdem ich am vergangenen Pfingstwochenende meinen eigenen Erwartungen an die zu fahrenden Radkilometer nicht ganz entsprechen konnte, technikbedingt, kam mein Rennrad in vertrauensvolle Hände, die Hinterrad wieder in Form brachten und den Steuerlagern etwas Service angedeihen ließen. Ich kann auch schrauben und basteln und einfache Handgriffe durchführen, wenn auch etwas aufwendiger und langsamer als die Fachleute – da weiß ich es um so mehr zu schätzen, wenn diese dann aufwendigere Handgriffe einfach schnell erledigen. Den neuen Satz Reifen dazu orderte ich gleich mit – zog ihn aber selbst zuhause auf: ich wollte auch noch etwas tun, denn …
… mehr oder weniger spontan gärte schon seit Dienstag der Gedanke, die für irgendwann in diesem Jahr anvisierte Langstrecke Würzburg–München vielleicht ja schon an diesem Wochenende zu fahren. Mit neuen Reifen, einem reparierten und geprüften Hinterrad, frisch gefetteten Steuerlagern – und natürlich einem hochmotivierten Fahrer. Kurzer Rede langer Sinn: I did it again, am Freitag, den 13. Juni. Ich bin nicht abergläubisch, und die Fahrt war super. Ich gebe zu: Gegen Ende schwächele ich auch gerne mal mental (»Wozu fahre ich eigentlich hier mit dem Rad durch die Gegend?«), aber das Hochgefühl nach absolvierter Gesamtstrecke ist doch unschlagbar. Diesmal waren es, dank einiger Schlenker und Schnitzer, ziemlich genau 290 km, die ich mit knapp 25 km/h runtergerissen habe bei 1.900 Metern Anstiegen – passable Leistung, kein Grund zu meckern. Und ohne Rucksack und Lenkertasche fuhr es sich sehr angenehm.
Statistik:
Abfahrt Würzburg 5:50 Uhr
Ankunft München 20:30 Uhr
290,54 Tageskilometer
11:40:17 reine Fahrzeit
24,89 km/h Durchschnitt
55,46 km/h max.
82 UPM Durchschnitt
1.918 m Tageshöhe

Abfahrt in Würzburg um 5:50 Uhr – ohne Lenkertasche, dafür mit einem Ersatzmantel (der neue, vor einer Woche in Lohr gekaufte Faltreifen) und einer Ersatzspeiche (mit Kabelbinder dezent am Sitzrohr befestigt).

6:26 Uhr | Mainradweg bei Eibelstadt – die Sonne kommt von links (ich fahre ja Richtung Süden) und lugt vereinzelt zwischen den Weinbergen hervor. Herrlich!

6:57 Uhr | Der Obelisk an der B13 zwischen Ochsenfurt und Oberickelsheim – und ein herrlicher Morgen, in den ich hineinradele.

7:00 Uhr | Bald begleitet die B13 ein super geteerter Radweg, nur an den weniger befahrenen Stellen muss ich auf die »echte« B13.

7:35 Uhr | Der Radweg, der als Flurbereinigungsweg für landwirtschaftliche Fahrzeuge angelegt wurde (»Radfahrer/Fußgänger frei«), führt manchmal etwas weiter von der B13 weg – bei der Gesamtstrecke machen die kleinen Umwege nicht viel aus, aber die Ruhe abseits des Autolärms und die schönere Streckenführung entschädigen mehr als genug dafür.

8:27 Uhr | Natürlich gibt es ab und an auch Betonplatten-Piste, aber die fährt sich ziemlich gut, da wenige Risse und Absenkungen vorhanden.

8:47 Uhr | »Fahrradbahn« – als Pendant zur Autobahn: geteilte Fahrspuren mit grünem Mittelstreifen … ok, es ist nur eine Sparversion eines betonierten Feldwegs …

9:12 Uhr | Ankunft in Ansbach und sofort heimatliche Gefühle: Ich komme über die »Würzburger Landstraße« – und darf mir dank einer Bettelampel einen kompletten Ampelzyklus lang wieder Gedanken über die Bevorteilung des Autoverkehrs zu Lasten aller anderen Verkehrsteilnehmer machen. Fast wie daheim …

9:24 Uhr | In Ansbach zweites Frühstück bei »Brot & Zeit« – schöner Name, leckeres Teil, guter Cappuccino.

10:15 Uhr | Weiterhin entlang der B13, hinter Ansbach – Der in letzter Zeit häufiger gefallene Begriff der »Verspargelung der Landschaft« geht mir durch den Kopf – und der Vorschlag, doch einfach bestehende Strommasten mit kleineren Windkrafträdern auszurüsten. Hätte natürlich echte Vorteile …

10:39 Uhr | Nachdem ich bei Triesdorf die B13 verlassen habe, folge ich der ST2411 nach Ornbau. Da habe ich mich im Ort auch schon letztes Jahr verfahren, weil die Schilder einfach zu uneindeutig angebracht sind. Blick zurück: Schönes altes Stadttor mit Brücke über die Altmühl, die hier wirklich garstig nach Plörre aussieht. Aber sie ist ja auch einer der Flüsse mit der niedrigsten Fließgeschwindigkeit in Deutschland, da gibt es nicht wirklich viel Stellen, an denen nicht alles voller Algen wäre.

10:42 Uhr | Von nun an folge ich dem Altmühl-Radweg, auch wenn er teilweise nur fein geschottert ist – einfach schöner als wegen ein paar Kilometern weniger stur an der B13 langzufahren.

10:57 Uhr | Nichts für schwache Nerven: »Quengelradweg« am Altmühlsee – was mich letztes Jahr prompt dazu verleitet hat, hier schon Mittagspause zu machen …

11:10 Uhr | Gunzenhausen – auch hier fahre ich stur durch, der Autoverkehr im Ortskern ist einfach nur daneben, das tue ich mir nicht mehr an für eine Rast.

11:18 Uhr | Fast schon Halbzeit – aber auch bald schon Mittag. Obwohl ich diesmal flott unterwegs bin, aktuell mit einem 26er Schnitt, bin ich doch erstaunt, dass ich noch nicht weiter gekommen bin.

11:38 Uhr | Auf der ST2230 bei Dittenheim. Mittlerweile sticht die Sonne ziemlich von oben, die Mittagshitze kommt.

12:05 Uhr | Mit dem 12 Uhr-Läuten komme ich in Treuchtlingen an, fahre aber auch hier durch und mache eine kurze Rast an einer schattigen Bank kurz vor der Ortsausfahrt. Bei einer Zigarette (gut versteckt) überlege ich, …

… ob ich wohl am Abend die Dusche meines Gastgebers kaputt mache: Die Beine sind völlig eingestaubt, und dank des aufgetragenen Sonnenöls bleibt der Staub auch schön kleben.

12:40 Uhr | Einfahrt ins »Altmühltal« bei Pappenheim – ich fühle mich nun doch etwas schlapp und lustlos, trotz Fahrt im Schatten.

13:00 Uhr | Kurz entschlossen verlasse ich in Solnhofen die ST2230 und biege auf den Altmühlradweg ab, der mich zuallererst beim Mühlenwirt vorbeiführt. Hier hatte ich schon mal mit meinen beiden Jungs gegessen, während einer Altmühl-Bootsfahrt, also gab ich mir einen Ruck und pausierte sofort nochmal, diesmal für …

… das große Mittagessen: Eine riesige Portion Spaghetti, die so notwendig war, dass ich erst nach der Hälfte wieder daran dachte, ja noch ein Foto zu machen. Also, richtig gelesen: das ist die halbe Portion (ich kenne italienische Restaurants, da entspräche so ein Teller einer doppelten Portion). Dazu ein Beilagensalat und zwei alkoholfreie Hefeweizen – das erhöht zwar kurzfristig das zu transportierende Gesamtgewicht, aber noch viel mehr die Laune und Fahrbereitschaft, und ich kann frisch gestärkt weiterkurbeln.

13:53 Uhr | Felsformationen im Altmühltal – eine wunderschöne Gegend, die ich vom meist schattigen Radweg aus betrachte.

15:34 Uhr | Die letzten anderthalb Stunden habe ich ziemlich stur durchgezogen, nachdem ich bei Dollnstein kurz falsch gefahren bin – mindestens 20 Minuten und etliche Kilometer verplempert! Und das, obwohl ich in Dollnstein an der Tankstelle meine Flüssigkeits-Vorräte aufgefüllt und dabei schon gegrübelt habe, wie ich eigentlich weiterfahren muss. Aber der Herr ist ja zu bequem, mal kurz auf eine Karte zu schauen … Nach einigen Anstiegen blicke ich hier über die ST2035 und über Ried nach Neuburg an der Donau.

… von der Donaubrücke in Neuburg aus gesehen. Letztes Jahr war ich hier ca. 1 Stunde später, völlig ausgepowert und mit Rückenschmerzen wg. dem Rucksack. Dieses Jahr, mit meinem neuen Gepäckträger samt Tasche, verlief die Fahrt viel, viel angenehmer. Ich halte mich nicht lange auf, sondern beschließe, in Schrobenhausen den nächsten wirklichen Stopp einzulegen.

16:15 Uhr | Von Neuburg nach Schrobenhausen entlang der ST2046. Kilometerweit ziehen sich die Häuser von Königsmoos links und rechts der Straße entlang, die absolut flach ist. Wegradeln, mal links, mal rechts auf dem Radweg …

16:52 Uhr | Nachdem ich dem Radweg gefolgt bin, der mich zwischenzeitlich nicht nur in einem Bogen von der ST2050 weggeführt und auf eine rumpelige Schotterpiste gebracht hat, wunder ich mich nicht, dass ich diesmal Schrobenhausen nicht via Hauptstraße erreiche, sondern über das Industriegebiet. Hauptsache, die Radfahrer stören nicht den Autoverkehr …

17:08 Uhr | »The same procedure as last year?« Ja, gleiche Eisdiele, gleiches Getränk: Eiskaffee in Schrobenhausen, aber …

… zuvor habe ich meinen Hitzkopf an einem Brunnen abgekühlt. Zwar ist das ein Pseudobrunnen mit geschnossenem Wasserkreislauf, und die total verchlorte Plörre hat nur noch wenig kühlendes Potenzial, aber doch noch ein bisschen. Leider rieche ich danach etwa 5 Minuten lang wie ein Chlorhühnchen.

Ok, Schrobenhausen ist nicht so hässlich, wie die Einfahrt über das Industriegebiet vermuten lässt, aber auch hier befahren die Autos munter jeden Straßenzentimeter, selbst in der Ortsmitte.

18:57 Uhr | Die flache Gegend gewährt kaum Ausblicke auf meine Ziele, die Landschaft ist schön, aber auch nichts besonderes mehr. Noch 5 km bis Dachau, wo ich eine letzte Rast bei einer kalten Cola und einer Zigarette mache, bevor ich über Karlsfeld nach München hineinfahre. Da ich diesmal keine iPhone-Halterung am Lenker habe und eine leicht andere Route fahre (2013 über das Dachauer Moos), fahre ich gemütlich und muss immer wieder stoppen, um im iPhone zu checken, wo ich gerade bin. Was auch dazu führt, dass ich gegen Ende die Entfernungen falsch einschätze und schon zu weit Richtung Zentrum gefahren bin. Wieder Zeit und Kilometer verplempert, mein Schnitt, der bis Dachau über 25 km/h lag, sinkt auf 24,89 km/h, als ich um 20:30 Uhr bei Horst in Laim ankomme. Immerhin: Fast 2 Stunden früher als 2013!

20:46 Uhr | Bei Horst auf dem Balkon, nachdem das erste kühle Weißbier schon halb geleert ist. Ich habe mir ja schon zwischendurch immer wieder mal das herausgeschwitzte Salz von der Stirn gewischt, aber am Trikot hängt noch genug, um einen Salzstreuer zu füllen … 😉

Samstag, 14. Juni | Nach dem Frühstück gehen Horst und ich noch auf einen nahegelegenen Flohmarkt: Erstaunlich viele Fahrräder stehen zum Verkauf (Horst hat da eine ganz eigene Theorie, wo die herkommen – direkt aus fremden Kellerabteilen und Höfen).

Ein Lastenrad würde mich ja auch mal reizen, aber das hier würde wahrscheinlich eher selber zur Last werden.