Ein verlängertes Wochenende bei meinen Schwiegereltern in der Nähe von Coburg (21.–24.8.), halbwegs passables Wetter = 4 Tage AWB (Absent With Bike) = ca. 410 Streckenkilometer, ca. 4.200 Höhenmeter, gute 16½ Stunden auf dem Rennradsattel. Das Beunruhigende dabei: Hier geht es nicht um eine Tour, für die ich mit den kleinen Ausfahrten um Würzburg herum trainiere, sondern um das Training meiner grob geplanten Sommertour (7 Tage, ca. 1.300 Kilometer, inkl. Hamburg–Berlin als Tagestour(!)). Dazu ein andermal mehr, jetzt erstmal der aktuelle Bericht in Bildern …
Donnerstag, 21. August – Von Würzburg nach Stöppach (bei Coburg)

In Würzburg starte ich kurz nach 14 Uhr. Mittlerweile sind mir die Strecken in und um Würzburg zur Genüge bekannt – ich wähle wieder Gerbrunn–Rottendorf–Rothof–Euerfeld–Seligenstadt–Prosselsheim. Nach dem ätzenden Stück ST2260 zwischen Prosselsheim und der Vogelsburg und etwa einer Stunde Fahrt signalisiert die Brücke bei Volkach, dass ich nun in seltener befahrenes Terrain wechsle.

Zeit, Neues auszuprobieren – z. B. den Radweg vor/hinter Frankenwinheim Richtung Gerolzhofen, alternativ zur ST2274.

ST2275 vor Mönchstockheim (links); bisher Sonne satt, und die Baustelle hinter Mönchstockheim ist auch abgeschlossen – und hat auch ein neues Stück Radweg abgeworfen: sehr schön zu fahren, der nagelneue Asphalt. Aber leider geht der Radweg nur bis zum Abzweig nach Sulzheim.

Einfahrt Haßfurt: immer wieder beeindruckend, diese lange Brücke (ST2275) über die Wiesen am Main. Ich fahre lieber unten lang, da sieht man mehr von der Konstruktion. In Haßfurt gönne ich mir ein kurzes Päuschen mit Cappuccino, Zwetschgenkuchen und Zigarette.

Es gibt hier einige Anstiege, aber diese Strecke fahre ich wirklich in beide Richtungen gerne – und nach Hofstetten (Bild rechts) kommt schon der letzte längere Anstieg, danach geht es relativ eben weiter, teilweise auch wieder mit Gefälle, so dass die Fahrt hier recht flott verläuft.

Die Wolken werden immer weniger, dazu kommen gute Beine und gute Laune – trotzdem: zu viele Kreuze an den Straßen, immer wieder mal … leider auch ein fester Bestandteil der Autofolklore.

Einfahrt Ebern unter der B279 durch – die Objektivverzerrung der HD Ghost macht sich hier gar nicht mal so schlecht.

Hinter Ebern verlasse ich die ST2278 kurz, um den kernigen Anstieg entspannt durch den Ort Fierst zu nehmen – oben dann, wieder auf der ST2278, winkt dafür die Belohnung: …

… und nach weiteren leichteren Kurven Austritt aus dem Wald und eigentlich auch schon aus den Haßbergen. Eben geht es nach Untermerzbach hin, von dort Wechsel über Kaltenbrunn zum Radweg im Itzgrund.

Der Radweg läuft entlang der B4, zuerst östlich, dann westlich im Itzgrund. Ebenes, entspanntes Fahren …

… so entspannt, dass ich den Hinweis von Margit am Mittag, dass die »Eselsbrücke« (wo war die gleich nochmal?) gesperrt sei, schon wieder völlig vergessen habe und beschließe, statt über Scherneck über die Brücke bei Meschenbach nach Stöppach zu fahren. Hier steht ja auch nichts von einer gesperrten Brücke, also weiter geradeaus …

Sperrung wegen Blindgänger-Alarm (wie oft sind wir schon über diese Brücke gefahren!). Und tatsächlich geht am nächsten Tag sogar eine der gefundenen Phosphorgranaten hoch …
Mehr als über meine Dummheit ärgere ich mich aber über die fehlenden Hinweise am Radweg – diese gehören nicht nur an der gesperrten Brücke, sondern schon an den vorherigen Abzweigen am Radweg angebracht. So fahre ich eben zurück und nehme doch den Weg über Scherneck … und denke, dass mich neben den Weltkriegs-Blindgängern die Blindgänger bei den Straßenbaufirmen und -behörden viel öfter nerven!
Fazit: Ein wunderschöner Nachmittag, ideal zum Fahren, Wind bestenfalls im Rücken – daher persönliche Bestzeit heute auf dieser Strecke, mit einem Super-Schnitt von mehr als 27 km/h! Schnell duschen und dann Abendbrot mit der Familie (Margit und Emil sind am Nachmittag mit dem Auto gefahren).
Statistik:
116,41 Tageskilometer
4:12:16 reine Fahrzeit
27,68 km/h Durchschnitt
58,75 km/h max.
77 UPM Durchschnitt
1.102 m Tageshöhe
Freitag, 22. August – Von Stöppach nach Oberhof (Rennsteig) und zurück

Wetter-Check: Die Temperaturen nicht wirklich hochsommerlich, aber zumindest kein Regen – aber nur 12° in Oberhof? Ich packe zum Wechseltrikot noch Jacke und Beinlinge ein – ich bin Realist, nicht Pessimist!

Wieder auf dem Itzgrund-Radweg, kurz vor Coburg: Der diskrete Charme der Bourgeoisie des Gewerbegebiets …

Coburg verlasse ich über die Lauterer Straße Richtung Lautertal. Zweierlei fällt mir in und um Coburg auf: Viele Schutzstreifen für Radfahrer – allerdings sehr schmal und meistens zugestellt, also eigentlich sinnlos. Und die Autofahrer hier fahren noch dichter vorbei als die Kitzinger Flegel. Mein Schmähwort heute (im Geiste): »Arschgesicht« wie in »1,50 Meter Mindestabstand beim Vorbeifahren, Du Arschgesicht!«.

Die Anhöhe bei der HUK-Arena im Norden Coburgs: Gerne bleibe ich hier auf dem Radweg, alles andere wäre tendenziell lebensmüde.

Ich folge der CO27 durch Lautertal – auch verkehrsmäßig ist es hier wieder viel entspannter.

Kurz vor Eisfeld Wechsel auf die K530 und Passieren der ehemaligen innerdeutschen Grenze (meine Güte, 25 Jahre ist das schon wieder her!). Ich fahre in Thüringen ein …

… und durch Eisfeld durch – schon von weitem zu sehen und am beeindruckendsten: das riesige Dach der Dreifaltigkeitskirche St. Nikolai. Hier in der Nähe, am Bleßberg, entspringt übrigens die Itz.

In Brattendorf die erste Pause – hatte ganz vergessen, die HD Ghost abzustellen, und jetzt sehen alle, dass ich tatsächlich zwischendurch auch mal eine Zigarette rauche: Das gibts ja wohl nicht! (Ich meine: nach drei Stunden Fahrt geht schon mal eine kleine, oder? Fürs Gemüt …).

Wieder unter der A73 durch, hinter Brattendorf. Es wird kühler, bewaldeter, hügeliger … aber ich habe schnell wieder Betriebstemperatur.

Schleusingen umfahre ich auf der L3004 und folge ihr beim Abbiegen Richtung Ilmenau. Der nächste Ort ist Hinternah, und während bei der Einfahrt ein leichtes Gefälle herrscht, …

… geht bei der Ausfahrt die lange, lange Steigung los: mäßig, aber über die nächsten 14 Kilometer entlang der Nahe stetig. Auch die Landschaft hat sich scheinbar komplett verwandelt: Willkommen im Thüringer Wald!

Vom Tal aus sehen alle Erhebungen beeindruckend aus. Wenig Verkehr, gut zu fahren, aber – Steigung! – permanente Fleißarbeit ab jetzt.

Letztes Stück Radweg vor Schleusingerneundorf, etwas weiter mittig als die Straße: Besserer Blick in ein wunderschönes Tal.

Zieht sich doch ganz schön, der Anstieg – aber damit sind auch schon etlich der Höhenmeter abgearbeitet. Eigentlich fast homöopathisches Klettern 😉

… um nach dem Weg nach Oberhof zu fragen (warum eigentlich?). Glaube dann, dass ich irgendwie wieder auf die L3004 zurückkomme, wenn ich nur meinem Instinkt folge – Berg hoch wird schon stimmen (links), Baustelle kann mich nicht schrecken (rechts), …

… irgendwann muss ja wieder Teer kommen (links), die Frage ist bloß: wann?
Legende rechts: Jochen, Jochen, Du lernst es nie …

Naja, irgendwann finde auch ich wieder zur L3004 zurück und sehe linkerhand die großen Schilder. Da muss ich hin! Ich biege nach links auf die L2632 ab, noch 17 Kilometer bis Oberhof.

… ist es auch, und mir fällt ein, dass mein Onkel Peter mal gesagt hat, der Rennsteig sei zum Radfahren langweilig, weil da gäbe es nur Wald und sonst nichts zu sehen, obwohl man die ganze Zeit oben langfährt. Wo er recht hat, hat er recht.

Die Wetterstation am Schneekopf, oberhalb der Suhler Hütte. Seit Schmücke heißt die Straße übrigens L1129. Trotzdem keine Fernsicht, aber …

… der höchste Punkt meiner Tour heute. Also ein Selbstportait (mit Grashalm) – dann schnell weiter, inzwischen ist es nämlich schon echt kalt, und ich will erst in Oberhof in die Klamottentasche greifen. (Achtung: Nettes Detail am Schild.)

Nach knapp 90 Kilometern Ankunft in Oberhof: Baustelle, der halbe Ort aufgerissen, 12° wie vorhergesagt, dazu ein eisiger Wind. Brrrrr…

Mein Mittagessen – Wildgulasch mit Kloß, dazu zwei alkoholfreie Hefeweizen – nehme ich schon mit neuem Trikot, Jacke und Beinlingen zu mir. Dennoch ist es kalt hier draussen, ich zittere – bloß schnell zurück.

Aber noch ein kurzer Abstecher zum Rondell beim Parkplatz am Rennsteiggarten (für mehr ist keine Zeit heute).

Selbstportrait: Vorbereiten (links), dann bleiben 15 Sekunden, um die richtige Position zu finden (Mitte), danach kritischer Blick (rechts): Ist das Bild gelungen?

Rückfahrt am Rennsteig. Ich merke gar nicht, dass ich über den Rennsteig-Tunnel der A71 fahre – aber, dass die Beine langsam müde werden.

Wald, Wald, Wald – und der Akku der HD Ghost ist leer (dafür haben sich die Beine wieder ans Arbeiten gewöhnt). Deshalb fehlt der Rückweg weitgehend – soviel sei aber verraten: Die Abfahrt von Schmiedefeld bis Hinternah ist natürlich so sensationell, wie der Aufstieg stetig war: Kein dramatisches Gefälle, aber stetig leicht bergab, so dass ich fast durchgängig »Kette rechts« fahren kann – und das heißt permanent um die 50 km/h, Kilometer um Kilometer. Geil!

… ebenso wie der Blick auf die Veste Coburg, wieder von der Anhöhe bei der HUK-Arena. Das war mein letzter Rundumblick, die restlichen Kilometer werden weggeradelt.
Fazit: Eine schöne Tour, wieder ein Stück Terra Incognita weniger, und der Rennsteig lässt sich ganz gut fahren. Wer allerdings Ausblicke wie etwa auf der gleich hoch gelegenen Hochrhönstraße erwartet, wird eher enttäuscht sein. Und 12° mitten im August: Das geht eigentlich gar nicht … 😉
Statistik:
175,90 Tageskilometer
7:21:45 reine Fahrzeit
23,88 km/h Durchschnitt
56,23 km/h max.
74 UPM Durchschnitt
1.810 m Tageshöhe
Sonntag, 24. August – Von Stöppach nach Würzburg

Für die Rückfahrt habe ich mir eine neue Variante ausgedacht: Über Seßlach und Königsberg (in Bayern) und, falls ich dann noch Lust dazu habe, über Schonungen nach Schweinfurt und von dort am Mainradweg entlang über Volkach nach Würzburg. Für das erste Stück habe ich mir ein paar Notizen angefertigt (wie immer leistet die Unterfrankenkarte gute Dienste) …

… und am Oberrohr befestigt. Viel Platz ist auch nicht mehr, Radcomputer und HD Ghost belegen schon die besten Plätze.

In Scherneck biege ich nicht zum Itzgrund ab, sondern folge der CO25. Hinter Ziegelsdorf ist die Welt noch in Ordnung, allerdings: Mächtiger Gegenwind heute, und möglicherweise Regenschauer.

Möglicherweise? Ganz bestimmt: Nur wenige Kilometer weiter, nach der Kreuzung CO25/CO12 stelle ich mich das erste Mal unter einen Busch (rechts), um den kurzen Schauer vorbeiziehen zu lassen.

Seßlach betritt man am Wochenende durch das Stadttor, Autos müssen draussen bleiben. Sehr schön, so sollte es überall sein, …

In Heilgersdorf frage ich einen freundlichen Senioren in seinem Elektro-Rollstuhl nach dem Weg nach Lichtenstein.

CO9 Richtung Lichtenstein. Das schönste am Gegenwind: Ich sehe momentan keinen Regen auf mich zukommen, aber ich weiss, dass da hinten im Wald ein ordentlicher Anstieg wartet. Davor kommt aber das erste Bischwind heute.

HAS48 hinter Brünn Richtung Bischwind (am Raueneck).

Ein bisschen öde: reisige Maisfelder und eine Straße mit höchstens 20er Körnung (ich stehe auf 120 oder feiner). Ausserdem: Regen kommt auf.

Im Tal hinter Hohnhausen Richtung Königsberg beginnt es erneut zu nieseln. Da ich wieder nur mit einem kurzen Schauer rechne, …

… pausiere ich an einem halbwegs trockenen Platz. Na gut, von oben kommt nichts, aber unten ist es dauerfeucht, wie man an kleinen Details (Moos, Moos und Moos) sehen kann.

Naja, bergauf. Ich finde, Schilder mit Höhenangaben beindrucken nicht per se, da muss schon auch die Zahl stimmen: 428 Meter klingt nicht wild (und war auch nicht anstrengend zu fahren) – andererseits: im Steigerwald stehen auch bloß 4er an erster Stelle, aber dahinter stecken die härtesten Anstiege, die ich bisher gefahren bin …

Königsberg bietet echtes Pavé-Feeling!

Schuss und Gegenschuss: Ein rustikaler Ortskern, schön anzuschauen, aber definitiv nicht barrierefrei.

Da finde ich die historischen Zeugnisse an den Wänden interessanter als die Pflege von Brauchtum beim Straßenbelag.

Regenschauer und Gegenwind waren meiner Motivation nicht zuträglich – von Königsberg biege ich nach Haßfurt ab, die Wahl fällt auf die kürzere, bekannte Strecke, anstatt noch einen Schlenker (Schonungen/Schweinfurt) einzubauen. Ich folge der ST2278 und biege am Abzweig der HAS23 auf den mir schon bekannten Radweg nach Haßfurt.

Das Panorama des heutigen Tages fotografiere ich hinter Haßfurt: Blick von Haßfurt über Zeil am Main bis zum Steigerwald. Danach die gewohnte Strecke zurück – und in Mönchstockheim könnte ich links abbiegen und über die SW53 das dritte Bischwind des Tages durchfahren.

In Volkach gibts noch einen schnellen Cappuccino plus Lungenbrötchen, dann flugs Richtung Würzburg weiter.
Hier: Radwegende am Bahnhof Seligenstadt (wo die Mainschleifenbahn startet). Die Kohlfelder begeistern mich ebenso, wie die Wetteraussichten Richtung Würzburg hin mich beunruhigen. Ist das schon die »blaue Stunde«?

Drama, Baby: Genau da, wo ich hinfahren muss/will, sieht es so richtig ungemütlich aus. Blick vom Radweg zwischen Seligenstadt und Kürnach.

Anhöhe zwischen Kürnach und Estenfeld. Die Dorfjugend trifft sich hier zum Rauchen – und übt schon mal für später: Das eigene Fahrzeug so (an der Straße) abzustellen, dass die anderen auch was davon haben (obwohl ja abseits vom Weg genug Platz wäre).

Ich fahre den Radweg im Kürnachtal wirklich gerne, aber ich glaube nicht, dass die Kombination Radfahrer/Fußgänger auf der gleichen Piste wirklich ideal ist. Und das liegt nicht immer nur an den Radfahrern: kaum ein Fußgänger hält es für nötig, sich von vorne herein konfliktvermeidend zu verhalten, alle wollen durch Zuruf oder Klingeln aufgefordert werden, doch bitte etwas Platz zu machen. 2 Bummler reichen aus, um den ganzen Weg abzuriegeln …

Noch so ein netter Blick: Einfahrt Lengfeld – Dorfcharakter (alte Silos) und urbanes Flair (Graffiti), so ist eigentlich ganz Würzburg. Gut, das mit dem Flair ist Ansichtssache … 😉

Endspurt – ich trete noch mal so richtig in die Pedale und beschleunige spielend auf über 100 km/h … ja, ja, ich gebe zu: Das Licht lässt nach, deshalb belichtet die HD Ghost nun länger, was meinem eigentlich gemütlichen Tempo eine unglaubliche Dynamik verleiht.

Letztes Foto (mit dem letzten Saft vom Akku): Rosenmühlweg, noch 2 km bis zur Haustüre – und tatsächlich erwischen mich noch ein paar Regentropfen, aber die sind kaum der Rede wert. Das hat aus der Ferne viel dramatischer ausgesehen.
Fazit: Viel Wind und vereinzelt Regen, dazu Streckenabschnitte, die nicht sooooooo spannend waren – meine Standardroute nach Stöppach oder die Varianten über Zeil am Main bzw. Eltmann geben mehr her. Dennoch gut, hier mal gefahren zu sein.
Statistik:
117,20 Tageskilometer
5:05:14 reine Fahrzeit
23,03 km/h Durchschnitt
66,90 km/h max.
71 UPM Durchschnitt
1.287 m Tageshöhe
Coole Sache
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