Für Autofahrer gelten eigene Regeln. »Klar«, denken wir, »z. B. die STVO.« Stimmt – nur gibt es da ein paar Merkwürdigkeiten, die die Vermutung nahelegen, dass da noch Optimierungsbedarf besteht, oder, wie es so schön heißt: »Da ist noch Luft nach oben.«
»Nach oben« sollen nun die Bußgelder für Falschparker gehen, und zwar deutlich: Mit € 20 für das Parken auf Geh- und Radwegen bzw. in zweiter Reihe auf der Fahrbahn ist Falschparken hierzulande »ein Schnäppchen«, im europäischen Vergleich rangiert Deutschland ganz hinten (Holland: € 360, Spanien: € 200, Griechenland: € 150, …). Dabei ist Falschparken – genau besehen – kein Kavaliersdelikt (als solches wird es aber behandelt: »Schwarzfahren« im ÖPNV kostet z. B. € 40, demnächst wohl € 60), sondern wohl eher eine Straftat im Sinne des StGB (§315: gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr durch Bereitung von Hindernissen, in diesem Beitrag ausführlich zitiert).
Während der Bundesrat sich aber mit dem »Schwarzfahren« beschäftigt und das Verkehrsministerium mit der »Ausländer-Maut« (und nur darum geht es ja, nicht um eine generelle PKW-Maut: diese wäre nämlich mit relativ geringem Aufwand sehr schnell einzuführen), kommt die aktuelle Petition für eine Erhöhung der Bußgelder bei Falschparken mal wieder von uns Bürgern, angeschoben durch die Initiative Clevere Städte. Dort gibt es auch genauere Informationen und etwas Zahlenmaterial, unterschrieben habe ich natürlich schon, und bitte auch meine Leserinnen und Leser, das nach Möglichkeit zu tun und die Petition zu bewerben.
Warum hier immerzu das permanente Auto-Bashing? Ganz einfach: So kann es nicht weitergehen So geht es nicht weiter! Der KFZ-Gebrauch ist längst in -Mißbrauch umgekippt, und wir müssen gemeinschaftlich gegensteuern – sofort, bei jeder Gelegenheit und mit allen Mitteln. »Hierzulande lässt der Privatverbrennungsauto-Besitzer seine 1,5 Tonnen Blech mit 6 Quadratmetern Grundfläche durchschnittlich 23,5 Stunden pro Tag einfach herumstehen – oft auf öffentlichen Straßenflächen, in vielen Fällen sogar gebührenfrei oder zu lächerlich günstigen Tarifen. Dabei geht just die dringend benötigte, wertvolle Fläche verloren, die nicht nur für Radfahrer und Fußgänger lebensrettend sein könnte. Zudem verkommt der öffentliche Raum unserer in den letzten 20 Jahren aufwändig renovierten Städte zunehmend zu einem PKW-Endlager.« Weil aller Platz verstellt ist, fehlt ja der tatsächlich benötigte Platz (zum »richtigen« Parken etwa) – und der Rest, der noch für Fußgänger und Radfahrer übrig ist, wird eben auch noch skrupellos zugestellt. Daran vorbeigehen oder auf die Fahrbahn ausweichen? Natürlich, wenn ich gesund und mutig bin – und zufällig nicht zu den Menschen gehöre, die noch sehr jung oder schon sehr alt sind, auf Geh- und sonstige Hilfen angewiesen sind, visuelle oder sonstige Beinträchtigungen haben, etc. etc. Man kann es inzwischen drehen und wenden, wie man will: Es fallen einem bei genauerem Nachdenken kaum noch Argumente ein, die Auto-Flegelei in all ihren hässlichen Facetten weiterhin widerspruchslos hinzunehmen – wem doch was einfällt, der hat weder lange genug noch weit genug gedacht. Und das meine ich nicht etwa, »obwohl« auch ich manchmal auf ein Auto angewiesen bin, sondern »weil«. Leider. Immer wenn ich auf Radwegen lang fahre, die ehemals Bahndämme waren, überkommt mich weniger Freude über den relativ geradlinigen Wegverlauf als vielmehr Wehmut über die ganzen rückgebauten Gleisanlagen … dabei wäre es doch viel besser, diese Infrastruktur wieder herzurichten und dafür konsequent den richtigen Unfug in die Tonne zu treten.
Längst werden wir auch offiziell, durch die von uns gewählten Institutionen etwa, dazu aufgefordert, unser Verhalten zu ändern und Mobilität ganz neu zu begreifen – ob das allerdings in jedem Fall Früchte trägt, wage ich zu bezweifeln. Das aktuelle Beispiel aus dem Bundesumweltministerium überzeugt mich jedenfalls nicht wirklich:
Besonderer Dank diesmal an nuernberg2rad und Würzburgs Radfahrer für den Input …
Hallo,
habe Deinen Blog vor ein paar Monaten entdeckt und schaue fast regelmäßig rein. Gerade bei den Passagen zur Würzburger Verkehrssituation bzw. zu Sicherheit und Stellenwert des Radverkehrs teile ich zumeist deine Ansicht. Das Zuparken von Rad- und Gehwegen ist u.a. auch sehr viel im unteren Frauenland (Bereich Erthal-, Brettreich-, Seinsheim- und v.a. die Nebenstrassen) zu beobachten. Gerade abends werden die Kreuzungsbereiche (abgesenkte Bordsteine!) auch noch zugestellt, was nicht nur für die Autofahrer (Sichthindernis) sondern vor allem die „schwächeren“ Verkehrsteilnehmer (Rollifahrer, Rollatorschieber, Kinderwagen, kleine Kinder) eine große Behinderung und Gefahr darstellt. Leider ist es so, dass in Würzburg die Verkehrsüberwachung sich für alles oberhalb des Mittleren Rings nicht zuständig fühlt, so dass die Falschparker hier keine Angst haben müssen, dass ihnen was passiert. Was könnte die Stadt für ein Geld einnehmen, wenn regelmäßig abends und auch am Wochenende hier einer patroullieren und aufschreiben würde! Bist Du eigentlich in diesem Radverkehrsbeirat der Stadt?
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Hallo Holger,
Danke für den Kommentar – und fürs »regelmäßige« reinschauen!
Ja, ich bin Mitglied im Radverkehrsbeirat der Stadt Würzburg, der im Oktober neu konstituiert wurde (für die nächsten drei Jahre), in meiner Funktion als Vertreter/Sprecher der AG Radverkehr …
… wobei ich allerdings bemüht bin, eine Balance zu finden zwischen meinen subjektiven Ansichten und Erfahrungen (als Alltags- und Genußradler) und meinem gesellschaftlichen Engagement auf kommunaler Ebene. Beide Bereiche lassen sich aber nicht immer sauber trennen – und das Thema ist einfach hochemotional. Gestern Abend hatte ich beschlossen, hier auf dem Blog künftig nur noch über die positiven Aspekte des Radfahrens zu schreiben, heute morgen dann wieder innerhalb kürzester Zeit zwei Auseinandersetzungen, interessanterweise beide Male mit Taxifahrern: Der erste stellte, nachdem er zuerst fast die Straßenbahn behindert hätte (ist wieder rückwärts vom Gleis geschlichen), sich anschließend frech auf den Aufstellstreifen an der Grombühlbrücke (stadteinwärts). Scheibeklopfen, Scheibe runter, »Der Aufstellstreifen hier ist ausschließlich für Fahrräder da, und nicht für Autos. Schau mal in die Straßenverkehrsordnung rein …« Dann vor ihm quer gestellt – kommt ein halbherziges „Hey Radfahrer, hast Du überhaupt ein Licht?« Natürlich … Rotzlöffel, blöder: Weil die anderen evtl. sich nicht an die StVO halten könnten, hältst Du dich auch nicht dran?!?! Was ist das denn für eine verquere Logik in den Köpfen …
Der zweite mal wieder am Berliner Ring, Ausfahrt in die Kroatengasse, von der Mittelspur stur rübergezogen, immer der Stoßstange des Vordermanns hinterher: Meine Stimme ist bestens trainiert, hier hat bisher jeder angehalten auf Zuruf, er auch. Da diskutiere ich dann nicht lange, da wird der Zeigefinger deutlich sichtbar an die Stirn geführt und die Geste verbal unterstützt. Stehend vor dem Fahrzeug und mit Blickkontakt, da lege ich Wert drauf.
Fehler machen alle mal, aber der Zustand auf den Straßen ist mittlerweile 1. unerträglich (weil Dauerzustand, also nicht Ausnahme, sondern Regel) und 2. lebensgefährlich (außerhalb der geschützten Fahrgastzellen).
Ok, das waren jetzt wieder fahrende Autos, kein stehender Verkehr …
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Jaja, solche und ähnliche Erlebnisse hat man hier leider jede Woche. Auch die Busfahrer kennen oft kein Erbarmen. Aber wo kann man sich eigentlich über die Arbeit des Radverkehrsbeirats informieren, was der macht, was er „beschließt“ (sofern er das darf) bzw. wo er die Stadtverwaltung unterstützt oder berät? Ich hatte damals auch eine E-Mail Bewerbung an die zuständige Dame im Rathaus geschrieben, aber bis heute keinerlei Antwort erhalten.
Was ist Eure/Deine Meinung über dieses grandiose Stückchen 150m Radweg an der Stadtmensa, der einfach mal mitten in die Kreuzung an der Adalberokirche mündet. Das ist doch saugefährlich: Die Autofahrer (egal ob von oben aus der Franz-Ludwig-Str. oder parallel zum Sanderrasen fahrend) rechnen sicher nicht damit, dass bei Grün ein Radfahrer angeschossen kommt um hier auch die Kreuzung zu nutzen. Wer hat da eigentlich Vorfahrt, wenn grün ist und parallel ein Auto und ein Rad geradeaus wollen? Und viele Radfahrer (v.a. Kinder/ Jugendliche!) sind sich wohl auch der Gefahr nicht bewusst, wenn sie ja eigentlich auf dem Radweg fahren und der einfach in der Kreuzung endet. Gut gemeint, aber sehr schlecht umgesetzt.
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Der Radverkehrsbeirat hat ausschließlich beratende Funktion, Beschlüsse kann er nicht fassen – entweder der Stadtrat berücksichtigt die Empfehlungen, oder nicht. Da aber so ein Beirat (wie auch die entsprechenden Beiräte für z. B. Kultur oder Senioren) vom Stadtrat »freiwillig« bestellt wird, ist schon davon auszugehen, dass die im Beirat geäußerten Bedenken und Empfehlungen nicht einfach ignoriert werden …
Den Radweg Adalberostraße muss ich mir mal in Ruhe anschauen – es gab schon vermehrt Kritik daran, sei es, dass Parkplätze geopfert wurden, sei es, dass nun der versteckte Radweg von früher (mit dem Gehweg hinter den Bäumen) zurückgewünscht wird … ich weiß auch, dass für Kinder und Senioren die abseits geführten Radwege attraktiver sind, aber das Unfallrisiko wird dadurch sicher nicht verringert, weil ja irgendwo die Radwege wieder auf Straßen treffen, weiterführend oder kreuzend, und dann tauchen für Autofahrer plötzlich »aus dem Nichts« Radfahrer auf, die vorher gut versteckt waren (hinter parkenden Autos etwa).
Probleme sind natürlich vorprogrammiert, weil a) ein durchgängiges Radwegenetz (noch) nicht vorhanden ist, das auch für Autofahrer erkennbar ist, und b) ein generelles Tempolimit für das ganze innerstädtische Areal hier eine Menge Druck rausnehmen würde, aber ebenfalls noch nicht eingeführt wurde (ich bin mir aber ziemlich sicher: es wird kommen!). Meines Wissens gilt dort eh Tempo 30, aber wer von den Autofahrern hält sich daran? Und wer von den Radfahrern hält sich strikt an die StVO? …
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Interessanter Aspekt, dass Autos auch dann stören, selbst wenn sie nur rumstehen. Kommt man erst mal nicht drauf, bzw. wir sind schon so konditioniert, dass wir das einfach so hinnehmen … Wenn man näher drüber nachdenkt, aber sehr einleuchtend. Nur mal ein Aspekt, der mir u. a. so einfiel: Ich fofografiere gerne: Fassaden, Häuser, Straßen … Wie häufig hab ich schon gedacht, tolles Motiv, aber die Autos in der Straße machen das Bild kaputt – man lässt es dann lieber mit dem Fotografieren, ja, Autos machen kaputt, nicht nur die Umwelt, und Menschen, sondern sogar Bilder. Hier muss umgedacht werden.
In Köln gibt es eine Aktion in zwei Stadtvierteln (Ehrenfeld und Sülz), die heißt „Tag des guten Lebens“, dort werden für einen Tag sämtliche Autos diesen Vierteln entfernt. Hier kann man sehr gut für einen Tag mal erfahren, was es bedeutet, einen Stadtteil ohne Auto zu haben: http://www.tagdesgutenlebens.de/ Auch die Kollegen von http://fahrrad.io haben hierüber schon sehr positiv berichtet. Vielleicht wäre es ein Schritt in die richtige Richtung, wenn andere Städte ebenfalls solche Aktionen starten, um die Augen der Menschen zu öffnen … Keep on Auto-Bashing!
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Hallo Joas,
danke für den Kommentar und die Anmerkungen/Links.
Der öffentliche Raum – und wie er mittlerweile aussieht, bzw. wie wir mit ihm umgehen und welche Beeinträchtigungen wir klaglos hinnehmen – ist ein Thema, das man von vielen Seiten her beleuchten kann. Eines der interessentesten Projekte hierzu, wenn auch ohne Autobezug (aber nicht minder spannend), ist sicher »Delete!« von Rainer Dempf und Christoph Steinbrener: Zwei Wochen lang wurde sämtliche Reklame an den Fassaden in der Neubaugasse in Wien gelb überklebt – beeindruckend, wie dominant diese ganzen Botschaften sind.
Was Deinen Frust bezüglich Fotografie angeht: Ich habe mir schon einige Male überlegt, die zentralen Plätze und Straßen hier in Würzburg zu fotografieren, zu retuschieren und alle Autos zu entfernen, dafür Bäume, Gärten, Menschen, Spielplätze etc. hineinzusetzen – und so (vielleicht) zu zeigen, in was für einer wunderschönen, attraktiven und lebenswerten urbanen Welt wir eigentlich leben könnten … wenn wir nur wollten.
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