Alltag, Frust, Mensch-Maschine, Termin, Würzburg

Kritische Masse, noch kritischer betrachtet …

Puuuuuhhhhhh … am 13. März wieder bei der Critical Mass Würzburg mitgefahren (vorgestern also), diesmal nur 16 TeilnehmerInnen, aber immerhin schon etwas länger hell am Abend, so dass wir uns zumindest vor der Abfahrt noch in der Dämmerung gegenseitig sehen konnten. Und gerade so die Zahl erreicht, um als Verband auf der Straße zu fahren.

Diesmal war es aber noch schlimmer als beim letzten Mal – Schleichtempo am Röntgen- und Haugerring, drei (!) Runden auf der mittleren Spur durch den Berliner Ring bei sensationellen 8 km/h (Holger hat das an seinen Tacho abgelesen – ein Wunder, dass man bei diesem Tempo überhaupt noch das Rad in Balance halten kann). Die Critical Mass Würzburg hat offensichtlich als einziges Ziel, andere Verkehrsteilnehmer zu blockieren, zu verzögern, zu nerven – noch bevor wir abfuhren, hörte ich schon wieder die Stimme, die sich beim letzten Mal so über das Blockieren der Straßenbahn gefreut hatte: »Hoffentlich bremsen wir heute wieder die Straßenbahn aus!« Mann oh Mann, was für eine Idiotie …

… denn, nochmal: Es geht doch nicht darum, (wirklich) allen anderen Verkehrsteilnehmern auf den Sack zu gehen, sondern ein Zeichen pro Fahrrad und contra MIV zu setzen. Aber wie bei so vielen Aktionen gerät scheinbar auch hier das eigentliche Ziel (Veränderung von Sichtweisen und Haltungen durch (positive) Beispiele) vor lauter Nebeneffekten (Blockieren, Nerven, Stören) in den Hintergrund, die manchmal unvermeidlichen Nebeneffekte werden zum eigentlichen Ziel und Zweck hochstilisiert und bewusst übersteigert.

Holger und ich, die Schlusslichter der Prozession, wurden nach der Passage durch das Oegg-Tor von einer von hinten kommenden Radlerin angesprochen, sinngemäß so: »Äh, warum blockiert Ihr denn die Straße und fahrt so schrecklich lahm? Ich fahre ja auch gerne Fahrrad, aber das hier ist doch viel zu langsam …«. Holgers knappe Darstellung der Critical Mass-Idee klang wie eine Mischung aus Entschuldigung und Fremdschämen – die Radlerin bog bei der nächsten Gelegenheit sofort auf den (nicht benutzungspflichtigen) Radweg ab und zog an uns vorbei. Und Holger und ich verabschiedeten uns dann ebenfalls aus dem Pulk mit dem Hinweis, dass die nun nur noch 14 TeilnehmerInnen keinen Verband mehr bildeten …

Die spannende Frage: Fahre ich das nächste Mal wieder mit? Mein unbedingtes »Ja« zu jeglicher Aktionsform, mit der sich auf das Ungleichgewicht im Straßenverkehr hinweisen lässt bzw. Alternativen zum eigenen Auto positiv darstellen lassen, trifft mittlerweile auf ein rapide wachsendes »Nein« zu Protestformen, die das Negative, Störende als Selbstzweck zelebrieren. Und die das Fahrradfahren in einem zweifelhaften bis schlechten Licht erscheinen lassen. Warum in Würzburg (125.000 Einwohner, davon knapp 30.000 Studenten) kaum Interesse daran besteht, sich mit »Critical Mass« als einer Form der politischen Willensbekundung für eine nachhaltige, flexible und überlegene Mobilität in einer lebenswerteren Stadt einzusetzen? Ich weiss es nicht, aber die beiden letzten Critical Mass-Veranstaltungen hier hinterließen bei mir nur einen einzigen bleibenden Eindruck: Eine Zumutung für alle, selbst für Radfahrende …

Die nächste Critical Mass findet am 10. April statt, Abfahrt 18 Uhr am Talavera-Schlösschen.

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2 Gedanken zu “Kritische Masse, noch kritischer betrachtet …

  1. Schade, dass nicht alle Teilnehmer die CM-Idee, die Stadt in einem positiven Sinne mitzugestalten, verstehen. 😦 So tötet man jeden konstruktiven Diskurs von vornherein ab.

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