DIY, Ehrgeiz, Gravelbike, Lust, Mensch-Maschine, Radwege

Mainfranken Graveller (1)

»Du kommst ja aus Unterfranken nicht raus.« Diese Aussage von Markus W. ist schon ein paar Jahre alt, aber sie stimmt immer noch (fast): Da ich möglichst viele Wege mit dem Fahrrad zurücklege, bin ich eben ständig in Unterfranken unterwegs, sei es zu meinen Eltern in die Rhön, sei es zu meinem Schwiegervater nach Coburg (das liegt zwar in Oberfranken, aber 90% der Strecke dahin in Unterfranken). Ich will das noch etwas genauer fassen: Ich bin ständig in Mainfranken unterwegs.

Im Lauf der Jahre hat sich – surprise, surprise – fast so etwas wie Liebe entwickelt zu dieser Gegend, die landschaftlich so abwechslungsreich ist wie kaum eine andere in Deutschland: Mit dem Spessart im Westen, der Rhön im Norden, den Haßbergen in der (nordöstlichen) Mitte und dem im Osten hineinragenden Steigerwald bietet diese Region gleich vier Mittelgebirge, in denen sich Höhenmeterfresser austoben können – mit dem Rennrad ebenso wie mit dem Mountain-Bike. Daneben finden sich aber am Main, an der (fränkischen) Saale oder der Sinn wiederum (meist asphaltierte) Radwege, die oft bretteben sind und den Freundinnen und Freunden schneller Runden die entsprechenden Pisten bieten. Dazu gehören auch ein paar umgewidmete Bahntrassen, die als Gaubahn-Radweg (Verbindung vom Main- zum Taubertal), Saale-Radweg (zwischen Bad Neustadt und Bad Königshofen), Brendtal-Radweg (von Bad Neustadt nach Bischofsheim) oder der Verbindung zwischen Haßfurt und Hofheim, dem sog. »Hofheimerle«, schnelles, bequemes Fahren auf Asphalt abseits der Straßen ermöglichen. Das alles sind die Zutaten für ein Streckennetz, das Mainfranken in seiner Gänze (wortwörtlich) erfahrbar macht – von den sonnenverwöhnten Weinbergen im Maintal bis zur Hochrhön, die sich gerne auch mal eher düster und feucht zeigt – so wie übrigens der dichtbewaldete Spessart auch …

2014 schon hatte ich mir ein ähnliches Projekt als Vatertagstour unter dem Titel »Unterfrankenrundfahrt« zurechtgeplant und absolviert – mit Markus W. (siehe Eingangszitat) plus, am ersten Tag, Robert. Damals natürlich noch als Rennrad-Rundfahrt, ebenfalls eher den Grenzen Mainfrankens als denen Unterfrankens (s.u.) folgend – mit einer Ausnahme: mit dem Besuch in Amorbach wurde damals sogar noch der Odenwald als fünftes Mittelgebirge touchiert … am Ende standen drei Tage und 490 km mehr im Fahrtenbuch – und der Vorsatz, das irgendwann zu wiederholen.

unterfrankenrundfahrt2014-02

Unterfrankenrundfahrt 2014, die drei Tage farblich abgesetzt, Start und Ziel Würzburg, Fahrt im Uhrzeigersinn.

Nun war diese Rundfahrt nicht gerade »rund« (im geometrischen Sinne), und sie hatte auch nur bedingt Ähnlichkeit mit den Konturen von Unterfranken oder Mainfranken – damals war ja auch ein Planungsaspekt, zwei Übernachtungen bei Freunden einzubauen und dazwischen ein paar Highlights abzuradeln – mehr nicht.

Unterfranken

Unterfranken (rot) liegt im Nordwesten Bayerns, an der Grenze zu Thüringen, Hessen und Baden-Württemberg. Mainfranken umfasst die dunkelroten Gebiete, die hellroten im Westen Unterfrankens (Landkreis Aschaffenburg, Stadt Aschaffenburg und Landkreis Miltenberg) zählen nicht dazu …

Mainfranken ähnelt in seiner Form also eher einer Raute – und nein, nein, nein: es ist nicht die Raute des Stillstands der Macht! Einen besseren, wenn auch zugegeben vereinfachten Überblick liefert die Karte, mit der die Region Mainfranken GmbH arbeitet und auf der Mainfranken durch sieben Landkreise und zwei Städte definiert wird. Als Grafiker, der seit Jahren für eben diesen regionalen Marketingverbund arbeitet, erlaube ich mir, die Karte mal auszuleihen:

© Region Mainfranken GmbH

Auf etwa 7.000 km² verteilt sich eine knappe Million Einwohner, etwa ein Fünftel davon lebt in den beiden Städten Würzburg und Schweinfurt. Ich beschäftige mich zwar regelmäßig beruflich mit Mainfranken – ebenso regelmäßig bin ich hier allerdings auch mit dem Rad unterwegs, und seit diesem Jahr auch wieder verstärkt abseits von Straße und Asphalt. Natürlich kann man sich hier zwischen den Dörfern auf kleinen Straßen relativ unbehelligt mit dem Rennrad austoben – habe ich jahrelang gemacht –, aber die richtig schönen Orte liegen oft abseits der Straße und sind mit dem Rennrad (wie mit dem Auto) oft nicht mehr direkt zugänglich. Zu Fuß oder mit dem Gravelrad dagegen schon – und hier setzt meine Idee vom Mainfrankengraveller an …

… nämlich, die v.a. landschaftlichen Highlights der Region in einer ausführlichen Rundfahrt zusammenzufassen. Dabei gibt es natürlich Ungleichgewichte – die Rhön hat die höchsten Erhebungen und fast überall fantastische Ausblicke, die Haßberge bieten dagegen etliche halbverfallene Burgruinen, die teilweise (Ruine Bramberg, Ruine Rauheneck) abgeschieden in Wäldern liegen und frei zugänglich sind; der Spessart lockt mit der Ruhe seiner ausgedehnten Buchen- und Eichenwälder (und wunderschönen Viadukten), der Steigerwald auf der gegenüberliegenden Seite Mainfrankens mit langen, ebenfalls dicht bewaldeten Höhenzügen, die über knackige Rampen erreichbar sind. Entlang der Saale finden sich etliche Kurbäder, in Schweinfurt wirkt noch immer die industrielle Prägung nach (hier wurden immerhin Freilaufnabe und Rücktrittbremse wenn nicht erfunden, so doch perfektioniert und populär gemacht, auch heute prägen hier Firmen wie Winora/Haibike und SRAM immer noch die Fahrradtechnik), der Ochsenfurter Gau, der Süden Mainfrankens, ist dagegen stark landwirtschaftlich geprägt, viele Felder, wenig Wälder. An den Flüssen (Main, Saale, Wern) dominiert teilweise der Weinbau das Gesicht der Landschaft, und während man in Würzburg bei fast mediterranem Klima öfters schon Anfang März Gäste im Freien vor den Cafés sitzen sehen konnte, kann es am 800 Meter höher gelegenen Kreuzberg auch im Hochsommer durchaus recht ungemütliche Wetterstürze geben – alles schon erlebt

Ich weiss, es klingt schnell nach Marketing, wenn man alle diese Aspekte aufzählt – tatsächlich spielt der Tourismus gerade in Mainfranken auch eine große Rolle, am Main und in den Kurbädern (allen voran Bad Kissingen) sicherlich mehr als im Spessart oder im Ochsenfurter Gau. Ein Grund mehr, die Vielfalt der Region nicht auf ausgetretenen Wegen, sondern teils verschlungenen Pfaden zu entdecken. So geht es mir bei fast jeder Fahrt: um der Routine der immer gleichen Strecken zu entkommen (was vor allem auf die Haßberge zutrifft, die ich regelmäßig durchfahre), bin ich schon vor einiger Zeit dazu übergegangen, alternative Routen selbst zu suchen oder, seit neuestem, mir von komoot einfach Routen vorschlagen zu lassen: »Fahrrad (mit Schotter)« ist seit diesem Jahr der Garant für immer wieder überraschende Streckenführungen und damit einhergehenden neuen Entdeckungen. Und die sind einfach zu schön, um sie für mich zu behalten und immer nur davon zu erzählen – Leute, Ihr müsst das einfach selber fahren!

Die Zutaten: Ein paar Tage Zeit, ungefähr 600 km und 10.000 Höhenmeter (grobe Vorplanung) – fertig ist der Mainfranken Graveller. Neben den vier Extrempunkten (westlichster, nördlichster, östlichster und südlichster Ort) kommen drei höchste Punkte der Mittelgebirge dazu: Der Geiersberg/Breitsol (586 m) im Spessart, die Nassacher Höhe (512,2 m) in den Haßbergen und der Scheinberg (498 m) im Steigerwald (auf der Grenze zu Mittelfranken). Mit dem Kreuzberg (927,8 m) gibt es zwar nur den dritthöchsten Berg der Rhön, dafür aber Berge galore, denn die Rhön zieht sich vom Schwarzen Moor über die Hochrhön und die Schwarzen Berge bis fast an den Main (bei Gemünden) – Heidelstein, Feuerberg, Totnansberg, Platzer Kuppe, Sodenberg: Das volle Programm für die Beine (Anstiege), die Augen (Ausblicke) und das Gemüt (bewirtete Berghütten und Schutzhütten für den Overnighter zwischendurch). Zwischen den Extrempunkten kann es durchaus mal etwas weniger sensationell werden – da kommen die oben erwähnten Bahntrassen-Radwege gerade recht, um ein relativ zügiges und entspanntes »Strecke-machen« zu ermöglichen.

Auch wenn ich im Moment noch über der Route brüte (da muss noch etwas Asphalt weg … 😉 ), so steht schon der Termin für das Debut: Start ist am 29. 30. September 2017 in Würzburg! Mehr Infos demnächst … nur so viel: Es wird, wie etwa beim CBG und ähnlichen Veranstaltungen, eine Selbstversorgerfahrt werden, auf eigenes Risiko und eigene Verantwortung, ohne Startgebühr, ohne Zeitnahme, ohne Preisverleihung o.ä.

PS: Ein ganz großes Dankeschön geht an Gunnar Fehlau, der den CBG ins Leben gerufen und mich damit (erneut) auf den Geschmack gebracht, wieder mehr Schotter unter die Reifen zu nehmen. Ihn habe ich als erstes kontaktiert, um ihn von der Idee und der Namensgebung zu informieren – sein positives Feedback versetzte den letzten Kiesel unterm Reifen, der das Rad am Rollen gehindert hat. Nun rollt es …

PPS: Kennerinnen und Kenner der Region werden ausdrücklich ermuntert, Streckenabschnitte oder Orte vorzuschlagen!

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27 Gedanken zu “Mainfranken Graveller (1)

  1. Gelegenheitsradler schreibt:

    Hallo Jochen, tolle Idee. Leider passt der Termin dieses Jahr nicht bei mir. Gibt es einen Link zu komoot, dass man die Strecke detaillierter sieht. Ich bin öfters in Unfinden (Königsberg). Rennweg, Nassacher Höhe hört sich schonmal gut an.

    Beste Grüße
    Klaus

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    • Hallo Klaus, am Track wird derzeit noch gebastelt – das meiste hatte ich schon unter meinen Rädern, aber nur etappenweise … nun muss aus den einzelnen Zutaten noch ein leckeres Menü gekocht werden 😉
      Sobald der Track fertig ist, wird er natürlich auch veröffentlicht.

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    • Wieso »aber«? Genau das ist die Gelegenheit für Dich, Britta, denn da gibt es m.E. nur »learning by doing«. Lies mal meine CBG-Berichte, v.a. die Nächte – mir wird ganz anders, wenn ich bedenke, wie naiv ich da rangegangen bin. Aber mit ein paar Nicht- oder Halb-Rookies (wie ich einer bin) kann Dir nichts wirklich Schlimmes passieren: Du bist herzlich eingeladen!

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  2. Klaus Meyer schreibt:

    Ja, das ist genau das was mir heuer noch fehlt! Ich freu mich auf den Track. Auf der BTG2017 sind wir auch durch diese Gegend gefahren.
    Grüße, Rheinfall Klaus

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    • Hallo Klaus,
      freut mich, wenn andere sich (auch) freuen … 😉
      Für den Track nehme ich mir im August noch etwas Zeit, dann wird er veröffentlicht – der Mainfrankengraveller wird eine eigene Site/einen eigenen Blog bekommen, mehr Infos dazu natürlich demnächst hier.
      Hättest Du denn Lust und Zeit, am »offiziellen« Termin (Start 30.9. auf der Mainfrankenmesse in Würzburg) mitzufahren?
      Gruß, Jochen

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  3. Alex schreibt:

    Ich will auch mit! Keine bikepacking Erfahrung, aber kettenöl im Blut und gefühlt seit 30 Jahren Pfadfinder. Wann geht es genau los? Wenn du noch Spessarttipps brauchst, lass es mich wissen, da kenne ich mich etwas besser aus.

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  4. Pingback: organisatorisches für morgen | awolunmeeting

  5. Thomas schreibt:

    Hallo Jochen,
    Tolle Sache deine Routen Entwicklung und das Angebot uns teilhaben zu lassen! Das will ich unterstützen, wenngleich Stand heute die freie Woche noch nicht sicher ist…. Sorry, aber evtl. fahr ich nur so 100 km pro Tag… Ist das erlaubt?
    🙂

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    • Hallo Thomas,
      schön, dass Du dabei sein willst! Erlaubt ist, was gefällt – und zu Deinem Zeitbudget passt. Oder:
      Sorry, aber evtl. motivieren Dich andere nette FahrerInnen zu deutlich über 100 km pro Tag … dann reicht schon ein verlängertes Wochenende.

      Such Dir eine Antwort aus … 😉

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  6. Kay aus Frankfurt schreibt:

    Das sieht alles super und mit viel Leidenschaft gemacht aus. Da will ich dabei sein!
    Ist der Track bereits veröffentlicht?

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  7. Doris Heyde schreibt:

    Hallo Jochen,

    gibt es denn für 2019 schon einen Termin? Vielleicht können wir ja einen kleinen Beitrag mit einer kleinen Teilstrecke leisten. Bevorzugt auf einer Strecke mit Pensionen zum übernachten 😉.
    Viele Grüsse!
    Doris

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  8. Pingback: Der Candy freut sich über MFG wünscht gute Fahrt

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