Alltag, DIY, Fotografie, Lust, Rennrad, Technik

Rennrad-Restaurierung (Teil 4 von 3) …

… und gleichzeitig: »Rückblick 2019 (2/2): … und ich« (damit Eva und ihre Mutter mir gewogen bleiben).

Zuerst das Rennrad: Nachdem meine drei Artikel zur Rennrad-Restaurierung (Teil 1, Teil 2, Teil 3) die Statistik dieses Blogs seit Jahren stabilisieren, und nachdem mehrmals jährlich Anfragen per Mail dazu kommen, hier das Fazit dazu, das wenige überraschen dürfte: Aus Stahl wird auch durch Schleifwolle und Klarlack kein Edelstahl, und so macht sich früher oder später eben der Rost breit. Bei mir war es eher früher, und massiv, aber seit Jahren ist der Rost nun stabil, d.h. es rostet nicht mehr weiter bzw. zerfällt langsam, sondern der Rahmen hat eine ordentliche Patina abbekommen, die ihm auch irgendwie gut steht … und im Einsatz ist das Rad übrigens weiterhin, wenn auch seltener und eher zum Ziehen meines Anhängers.

 

Und jetzt komm ich … und gestehe, dass fahrradmäßig mein Hirn seit geraumer Zeit beinahe ausschließlich um den Mainfranken Graveller kreist. Wenn ich noch woanders mitfahre, dann i.d.R. als Trainingseinheit für mich – bzw. auch: »Betriebsspionage« (was machen die anderen, und wie machen sie es). Dadurch hat sich aber auch mein früherer Fokus von der langen (Asphalt-)Strecke auf die schönere Landschaft (Felder und Wälder) verlagert, statt von Tankstelle zu Tankstelle geht es nun von Schutzhütte zu Burgruine zu Basaltprismenwand zu Ameisenhaufen …

Ich studiere fleißig Karten, am liebsten ältere, und habe mir sogar im Dezember eine originale Karte des Bistums Würzburg aus dem 18. Jahrhundert gegönnt – die Genauigkeit entspricht eher nicht heutigen Maßstäben, die Optik glücklicherweise auch nicht. Ich könnte solche Karten stundenlang studieren …

… und es stimmt auch nicht ganz, was ich oben schrieb: Ich bin auch sehr gerne außerhalb Mainfrankens unterwegs, aber eben lieber in der Pampa, »Away from the numbers« (das übersetze ich jetzt mal gegen Paul Wellers ursprüngliche Intention etwas freier mit »weg von den Nummernschildern«). Dabei haben gerade alte Handels- und Verkehrswege einen ganz eigenen Reiz für mich entwickelt – erst am letzten Wochenende bin ich wieder auf so einen Höhenweg gestoßen, die »hohe Straße« nördlich von Ebrach im Steigerwald: Kilometer um Kilometer perfekter Singletrail, bestens fahrbahr, hoch oben im Wald, nirgends ein Fernblick, und dann, mittendrin, die Hütte in Top-Zustand … der hessische Teil der Birkenhainer Straße wartet auch noch auf mich, und ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, irgendwann nochmal Harz/Brocken, Teutoburger Wald, Rothaargebirge, Schwarzwald, Elbsandsteingebirge etc. unter die Räder zu nehmen.

Das Jahr 2019 war für mich persönlich auch ein Jahr der stärkeren Fokussierung auf die wichtigen Themen – ja: es gibt Wichtigeres als Radfahren. Vieles. Ob Niedergang der Umwelt (und damit unserer Lebensgrundlagen), marktradikale Allmachtsfantasien der neoliberalen Ideologen (zu denen die Grünen inzwischen fast völlig aufgeschlossen haben), Faschisierung der Politik (international noch stärker als national) oder unsere eigene zunehmende individuelle soziale Verblödung – es gibt genügend Topoi, denen ich meine Lektüre-Auswahl qualitativ angepasst habe bei gleichzeitiger Erhöhung des quantitativen Lesepensums. Der aktuelle Lockdown geht dagegen relativ unbemerkt an mir vorbei – bis auf die gelegentlichen Treffen mit Freund:innen zu Feierabendbieren und dem ein oder anderen Besuch einer Ausstellung fehlt mir kaum etwas.

Radfahren hilft da nur bedingt weiter – aber es ist immerhin die beste Art und Weise, Zeit zu verbringen oder Strecken zu überbrücken, bei der relativ wenig Flurschaden entsteht, stattdessen kommt hin und wieder so etwas wie Demut, aber auch Zufriedenheit auf, wenn ich scratchen muss oder finishen kann (wobei ich diese Terminologie inzwischen fast nur noch für meine eigenen Touren gebrauche).

Hier im Blog wird es keine Rückblicke mehr geben, keine Ankündigungen, und (wie schon seit einer ganzen Weile) keine Regelmäßigkeit mehr – aber hin und wieder ein paar Fotos von den Touren, den kleinen und den großen. Das bereits angekündigte »dicke Ding« reift weiter (Bikepacking-Tour, 10+X Tage in D), ansonsten ist von meinen Plänen aus dem ersten Teil des Rückblicks nur noch das Bratwurst-Race übrig (70 Km von Hörschel nach Oberhof auf dem Rennsteig). So richtig fit bin ich heuer zwar nicht, aber ich habe immerhin eine neue Lieblingsmütze …

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5 Gedanken zu “Rennrad-Restaurierung (Teil 4 von 3) …

  1. Danke für den Roststahl – Mainfranken – Gesellschafts – Politik – Philosophie – Rundflug. Sehr erhellend, sehr amüsant und aufschlussreich. Und hier noch ein Zitat vom alten Sokrates: „Bedenke, daß die menschlichen Verhältnisse insgesamt unbeständig sind, dann wirst du im Glück nicht zu fröhlich und im Unglück nicht zu traurig sein.“

    Gefällt 3 Personen

  2. Dirk schreibt:

    Ich finde es auch immer superinteressant, wenn man auf Wegen noch die Überreste alten Wegebaus findet. Tlw. auch an Stellen, an denen man es nicht vermutet. Gibt da ja einiges von der Bergstrasse in den Odenwald … an den Main. Alte Pilgerwege. Ich muß mir auch mal ein „alte“ Karte zulegen. Wo schaut man da am besten und welche Jahre? 17xx – 18xx?

    Gefällt 1 Person

    • Das war eher ein Zufallsfund in einem örtlichen Antiquariat (mit Schwerpunkt auf Franken). Auch preislich geht die Schere weit auseinander – die Karte gab es gerahmt für 160, die gleiche ungerahmt hatte er nochmal, für 320 … mir kams ein bisschen wie Glückspiel vor.
      Alte Wege lassen sich anhand solcher Karten sicher nicht nachvollziehen, da ist komoot hilfreicher.

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