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»Wir können auch anders«: München – Würzburg

Zugegeben: Die Strecke von Würzburg nach München ist in meinem Jahres-Portfolio, was Radaktivitäten angeht, eine feste Größe. Die knapp 300 km sind gerade so das Pensum für eine Tagestour. Mit einem 25er Schnitt ist man satte 12 Stunden nur mit Kurbeln beschäftigt, und kommen noch ein paar Päuschen dazu, ist schnell das Tageslicht auch am längsten Tag ausgeschöpft, man muss entweder in der Dunkelheit starten oder kommt bei Dunkelheit an.

Letztes Jahr fuhr ich, das erste Mal seit 2013 bzw. 2014, in Begleitung (am 4. Juni 2015) – Freund Georg, den ich im Studium Anfang der 1990er Jahre kennengelernt hatte, fuhr mit. Aus Würzburg stammend, aber schon länger in München lebend, war der Plan schnell gefasst: Er kommt mit dem Zug nach Würzburg, übernachtet im Elternhaus und am nächsten Tag fahren wir gemeinsam nach München – ich weg von daheim, er nach Hause. Es hat nicht geklappt: Georg brach am Abend nach 280 gefahrenen Kilometern ab, in Karlsfeld – 12 km vor dem Ziel (!). Das Gulasch, das wir im Altmühltal als Mittagessen einnahmen, arbeitete für den Rest des Nachmittags in seinem Magen … und permanent gegen ihn. Ich fuhr alleine ins Ziel.

Dieses Jahr: Spontane Entscheidung, am 24. Juni startete ich wieder: alleine, leicht geänderte Streckenführung gegenüber den Vorjahren, etwas heiß an dem Tag – zu heiß, wie ich am Nachmittag einsehen musste. In Rain brach ich ab, nach ca. 2/3 der Strecke, aber schon völlig durch. Und was dem Müden das nahe Bett, ist den Gummibeinen (und dem Marshmallow-Hirn) der Bahnhof am Ort. Bericht hier …

Im Juli dann von Georg die Nachfrage, ob wir heuer wieder … vielleicht … mal andersrum: Start München, Ziel Würzburg? Gerne! Ende Juli/Anfang August? Klar … Ich war schon mental voll auf dem Sprung nach Berlin, da kam Georgs Terminvorschlag für den 31. Juli. Ob wir eine Woche schieben können, wg. Berlin? Klar, wenn ich dann noch kann oder will …

Ich konnte, ich wollte, und so fuhr ich am Freitag gegen Abend mit der Bahn nach München, um bei Georg zu übernachten und mit ihm am Samstag nach Würzburg zu radeln. Leider war wieder keine Fahrradkarte zu haben, diesmal auch alle Plätze belegt – aber noch Platz für mein »Handgepäck«, das ich diesmal in ein altes Spannbettuch wickelte, um die Verpackung wieder mit nach Würzburg nehmen zu können. Nachhaltigkeit, Baby!

20160806

Abends noch Essen gegangen (Pizza mit Salat plus zwei Helle), dann abgelegt und um 5 Uhr aufgestanden, gefrühstückt, gepackt und losgefahren (gegen 6.30 Uhr). Komoot gestartet – kurz darauf bei einem kleinen Orientierungsblick festgestellt, dass die Aufnahme nicht läuft. Immer wieder probiert, dann sein gelassen, dann doch wieder probiert, iPhone neu gestartet – irgendwie hing komoot noch in der Berlinaufzeichnung … endlich, nach 12 km im Norden Münchens Start der Aufnahme.

Ab da flüssiges Radeln, Karten auf der Lenkertasche, viele Dörfer zwischen Dachau, Markt Indersdorf, Schrobenhausen – hier Pause gegen 9.30 Uhr, zweites Frühstück vor der Bäckerei, herzhaft und süß, dazu ein riesiger Cappuccino, angenehme Temperaturen … weiter gehts. Bei Neuburg (schon zum dritten Mal an der Donau in diesem Jahr, denke ich) erster längerer Anstieg hoch zum Abzweig nach Bergen, über zwei Hügel hinüber ins Altmühltal bzw. die Nebentäler (hier bei Hütting). Wir nehmen recht früh schon den Radweg, der weitgehend aus feinem, weißen Kiesel besteht, gut verdichtet und auch mit schmalen Reifen sehr gut befahrbar, sofern man keine Geschwindigkeitsrekorde aufstellen will – ein 25er Schnitt ist aber meistens drin, und schlechter wird der Belag kaum, eher besser: mindestens 50% des Altmühlradwegs zwischen Hütting und Treuchtlingen sind asphaltiert (auch wenn dieser durchaus schlechter zu fahren sein kann als die feinen Kiesel). In Dollnstein gegen 12.15 Uhr kurze Rast am Wirtshaus, wir genehmigen uns ein alkoholfreies Weizen und visieren das Mittagessen in Treuchtlingen an (Pizza plus alkoholfreies Weizen).

Bis Gunzenhausen wieder Altmühlradweg, aber ab hier (bis Ende) Gegenwind – teilweise gehörig, mit dramatisch dunklen Wolken vor uns. Flaschen neu befüllen am Brunnen bei Windsfeld. Um den Altmühlsee herum wieder alles eitel Sonnenschein, bis auf den Gegenwind und die kleine Extraschleife in Muhr am See: Zuviel geplaudert, nicht aufgepasst beim Schilderlesen. Über Ornbau Richtung B 13 und Ansbach, Ankunft dort kurz nach 18 Uhr. Abendessen (lecker Flammkuchen plus zwei alkoholfreie Weizen). Kurz vor 19 Uhr Abfahrt, immer noch fast 70 Kilometer zu fahren. Ein wenig Radwege hinter Ansbach, dann die Einsicht: Mit nur einem Lichtsatz (meiner) möglichst wenig Zeit auf Straßen verbringen in der Dunkelheit – also jetzt sofort einen Zahn zulegen. Bei Möckenau auf die B 13 und los: Windschatten fahren. Tempo! Boah, was für ein Tempo! 250 km stehen schon auf dem Tacho und stecken schon in den Beinen, aber wir blockern noch mal richtig los: Oberdachstetten, Munasiedlung, Abfahrt hinunter nach Marktbergel und damit in die Windsheimer Bucht – bretteben dort, 29–34 km/h stehen nun permanent auf dem Tacho. Aber lange können wir so nicht fahren.

Letzte »Arschpause« in Uffenheim. Noch 18 km auf bzw. an der B 13 bis Ochsenfurt, das letzte Stück in der Dunkelheit auf: Georg bekommt mein Vorderlicht, ich montiere das Rücklicht, dicht hintereinander radeln wir von Uffenheim hoch und rauschen hinter Oberickelsheim bzw. dem Obelisken auf der B 13 das lange Gefälle (mit einer kleinen Welle) nach Ochsenfurt hinab. Wechsel auf den Mainradweg. Fast geschafft! In der Dunkelheit radeln wir mit nur einem Vorderlicht nebeneinander bis Würzburg, nur wenige Male muss ich ausweichen (hinter Georg), der Radweg ist quasi völlig leer. Ankunft in Würzburg gegen 22 Uhr, Georg biegt nach Heidingsfeld ab, ich erhalte eine SMS einer Freundin, dass das Ringparkfest vor meiner Haustür noch in vollem Gange sei, und fahre dort vorbei, um Finisher-Bier, -Bratwurst und -Zigarette zu genießen, bevor ich nach Hause fahre. Touchdown um 23 Uhr mit 295 Tageskilometern. Absolut zufrieden, ein schöner Tag! Dusche, Bett, kein Wecker …

Statistik:

295,03 Tageskilometer
12:19:27 reine Fahrzeit
23,93 km/h Schnitt
57,98 km/h max.
1.341 m Tageshöhe
4,5 Hm/km

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2 Gedanken zu “»Wir können auch anders«: München – Würzburg

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